An den Bundeskanzler der Republik Österreich Ballhausplatz 2 1010 Wien Wien |
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Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Sebastian Kurz!
Wir glauben an die Aufklärung und somit an die Wissenschaft. Die Tagespolitik ist für uns ohne Belang. Menschen an unseren Schulen allein gilt unsere Sorge in der COVID-19-
Pandemie.
Seit dem Sommer hat sich die wissenschaftliche Expertise in einer Kernaussage gedreht:
Schulen sind nicht so sichere Orte, wie es anfangs behauptet wurde. Es sind nach heutigem Wissensstand weder Schüler*innen noch Lehrer*innen als „Superspreader“ auszuschließen.
Bei vielen Schüler*innen ist zu beobachten, dass sie die allgemeinen Hygieneregelungen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie nicht mit derselben Ernsthaftigkeit, insbesondere in ihrer Freizeit und auf dem Schulweg, einhalten wie ihre Lehrer*innen. Auch in der Schule gehört das Erinnern, den Mund-Nasen-Schutz richtig zu tragen, in der Zwischenzeit zum pädagogischen Alltag.
Bereits im Sommer haben wir uns in unseren Funktionen als Lehrer*innenvertretung und Gewerkschaft an Bundesminister Faßmann mit nachfolgendem Konzept schriftlich gewandt:
- Lehrer*innen dürfen abgestimmt auf die Unterrichtssituation und Lüftungsphasen das Tragen des Mundnasenschutzes ihrer Lerngruppe verordnen.
- Mit Test-Kits für alle Familien und einer Testung aller 120.000 Lehrer*innen im zweiwöchigen Abstand durch ambulante Teams wird dem Sicherheitsbedürfnis vieler entsprochen und den
Gesundheitsbehörden ein österreichweites Screening ermöglicht. - Bei Verdachtsfällen sind Testergebnisse innerhalb von 24 Stunden erforderlich, um die weiteren notwendigen Maßnahmen an der Schule rasch durchführen zu können.
- Wenn das BMBWF die Klasse als epidemiologische Gemeinschaft anstrebt, ist die Sprachförderung von klassenübergreifenden Deutschförderklassen auf integrative
Stammklassenförderung umzustellen und …. Entscheidungen über unverbindliche Übungen und das Freizeitangebot an ganztägigen Schulen sollten zur Gänze der Schulautonomie
übertragen werden. (Auszüge aus einem Schreiben vom 24. August 2020)
Das BMBWF hat auf dieses Schreiben nicht geantwortet. Viel schlimmer ist jedoch, dass keiner Forderung außer bezüglich des Mund-Nasen-Schutzes entsprochen worden ist. Sozialkontakte zwischen epidemiologischen Einheiten, die Sie in jeder Pressekonferenz vermindert wissen wollen, erfolgen in der Schule weiterhin unkontrolliert, da es in Betreuungsgruppen, Deutschförderklassen, unverbindlichen Übungen, Schwerpunkt- und Wahlpflichtfächern sowie in Bewegung und Sport noch immer zur Vermischung von Schüler*innen unterschiedlicher Klassen kommt. Ebenso ist es für uns nicht nachvollziehbar, warum es im Handel Beschränkungen für die Anwesenheit von Personen in einem geschlossenen Raum gibt, in einer Schulklasse bleibt dieses Faktum jedoch durch die von Ihnen geführte Regierung unberücksichtigt.
Wir haben über die Medien zur Kenntnis genommen, dass nach den Gesundheitsberufen nun auch Lehrer*innen ab dem Jänner wiederholt getestet werden sollen. Wir fordern eine angemessene Teststrategie: Die Testungen sollten an den Schulen stattfinden, damit ein zeitlich und infrastrukturell unnötiger Aufwand verhindert werden kann!
Haben Sie aber den Mut, auch die zweite Etappe des Weges zu gehen! Wenn die Lehrer*innen getestet werden, müssen Testungen für Schüler*innen ebenfalls regelmäßig stattfinden. Ein solches österreichweites Screening ersetzt jede aufwändig organisierte Massentestung unserer Berufsgruppe und jede Dunkelzifferstudie.
Da sich das Virus aber nicht an Testtermine hält, sind schulautonome Entscheidungen mit rechtlicher Absicherung durch die Dienstbehörden in der Zukunft zu ermöglichen. Die Schulleitungen und ihre Krisenteams verfügen an ihrem Standort über die besten Kenntnisse und Kontakte zu allen Schulpartnern, um die Sicherheit aller Menschen an einer Schule zu maximieren.
Wir vertrauen unseren Schulen und deren autonomen Konzepten.
Tun Sie das als Bundeskanzler dieser Republik ebenso!
Mit freundlichen Grüßen Florian Gollowitsch Patricia Gsenger Monika Kubec Alexandra Loser Jürgen Pany |
Diana Rathmayr Stefan Sandrieser Franz Turek Christoph Windisch Barbara Würzelberger |
Um Antwort an
Die Schulen Österreichs werden von diesem Schreiben am 16. 12. informiert.